Der Rohstoffhändler Trafigura verlegt sein Headquarter nach Singapur – was ist die Rolle der Steuerpolitik?
Gemäss der Financial Times von heute will der Rohstoffhändler Trafigura sein Headquarter von Genf nach Singapur verlagern. Der grösste Teil der Handelsabteilung soll jedoch in Genf verbleiben. Begründet wird diese Verlagerung mit den tieferen Gewinnsteuern in Singapur und der Nähe zu China. Das zusätzliche Argument, dass die Lohnkosten für Backoffice-Angestellte in Singapur tiefer seien, ist angesichts der quantitativen Bedeutung wohl ein Witz.
Die Schweiz ist ein bedeutender Standort für Rohstoff-Handelsfirmen. Die Financial Times schätzt, dass 35 Prozent des weltweiten Handels mit Rohöl über die Schweiz laufen plus 60 Prozent des Handels mit Metall und Mineralien sowie 35 Prozent der Agrarrohstoffe. Mit dieser Handelstätigkeit in der Schweiz sind mehrere Tausend (teils sehr gut bezahlte) Arbeitsplätze verbunden. Gewinnsteuern zahlen die Firmen vor allem beim Bund, da sie von kantonalen Steuerprivilegien profitieren (gemischte Gesellschaften).
Die Rohstoff-Handelsfirmen dürften tatsächlich zu den mobilsten Firmen gehören. Allerdings muss zwischen dem Headquarter und der Handelstätigkeit unterschieden werden, wie das Beispiel von Trafigura zeigt. Die Handelstätigkeit ist u.a. darauf angewiesen, dass Banken vorhanden sind, die auf Handelsgeschäfte spezialisiert sind. Eine weitere Voraussetzung sind Firmen, die die gehandelten Produkte identifizieren und zertifizieren können. Beides ist in der Schweiz vorhanden.
Die Bedeutung der Steuern wird oft überschätzt, sonst wären die Rohstoffhändler in Dubai. Dort müssten sie keine Gewinnsteuern zahlen. Ein anderer Bericht der Financial Times lässt Experten zu Wort kommen. Diese erklären die Attraktivität von Singapur durch den Standort Asien, das im Vergleich zu anderen asiatischen Standorten gut funktionierende Rechtssystem sowie ein business-friendly environment, worunter wohl auch die Steuerbelastung verstanden wird.
Für die Schweiz bedeutet das: a) Das “Steuerparadies” Schweiz kommt durch andere “Steuerparadiese” unter Druck. Die Schweiz muss sich überlegen, ob es für das Land nicht besser ist, sich denjenigen Ländern anzuschliessen, die gegen internationales Steuerdumping kämpfen. b) Die Steuerbelastung spielt zwar eine Rolle in Bezug auf den Ort, an dem die Gewinne versteuert werden. Doch für die Geschäftstätigkeit ist sie oft von untergeordneter Bedeutung – da sind andere Faktoren wichtiger. Das bedeutet, dass der Bund, der bei privilegierten Firmen fast alleine noch Steuern erhebt (die Kantone tun das kaum mehr), vor allem von Steuerausfällen betroffen ist, wenn Firmen wegziehen. Die Kantone hingegen haben weiterhin die Steuereinnahmen der Angestellten, die in der Schweiz tätig bleiben, selbst wenn das Headquarter wegzieht. Das zeigt, dass die Diskussion über die Steuerprivilegien in der Schweiz sich zu stark auf die Kantonsebene konzentriert. Wenn supermobile Firmen ihre Gewinne anderswo versteuern, hat vor allem der Bund Ausfälle.
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