20 Jahre Auslagerungen von Dienstleistungen - Druck auf Löhne und Arbeitsbedingungen
In den letzten 20 Jahren haben die Banken, Versicherungen, Industriebetriebe etc. verstärkt Dienstleistungen ausgelagert. Begonnen hat es mit der Reinigung und der Gastronomie. Seit ein paar Jahren betrifft es vermehrt auch administrative Arbeiten oder die Informatik. Dadurch kamen die Löhne der Betroffenen unter Druck. Denn wenn eine Reinigungskraft in einer Firma mit insgesamt eher höheren Löhnen angestellt ist, ist in der Regel auch ihr Lohn im Vergleich zu anderen Berufsleuten etwas höher (sog. „Firmenprämie“). Durch die Auslagerung droht diese Firmenprämie wegzufallen.
In der ersten Hälfte der 1990er Jahren waren die Personen, welche die Banken, Versicherungen oder Industriebetriebe gereinigt haben, noch meistens auch dort angestellt. Dasselbe galt auch für das Personal in den Kantinen. Dann hat das Management entschieden, die Reinigung/Gatronomie an Externe zu vergeben oder die Arbeiten wurden in eine separate Firma ausgelagert und dann verkauft. Dass heute 160 Prozent mehr Leute in der Reinigungsbranche arbeiten als 1995 hat nichts damit zu tun, dass heute mehr geputzt würde, sondern es spiegelt einfach diese Entwicklung. Um dem Lohndruck entgegen zu wirken, haben sich die Betroffenen gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften haben in der Schweiz Reinigungs-GAV mit Mindestlöhnen durchgesetzt. Im Gastgewerbe konnten die GAV-Mindestlöhne markant angehoben werden.
Ebenfalls stark zugenommen hat die Temporärarbeit. Mitte der 1990er Jahre machten die Temporärjobs rund 0.5 Prozent des Arbeitsvolumens aus. Heute sind es deutlich mehr als zwei Prozent. Durch den vermehrten Einsatz von Temporären haben die Einsatzfirmen nicht nur mehr Flexibilität in der Arbeitsplanung. Sondern sie missbrauchen die Temporärarbeit teilweise auch, indem sie den Betroffenen weniger Lohn zahlen als den eigenen Festangestellten. Auch hier gelang es, mit einem GAV Schlimmeres zu verhindern. Doch das Problem ist nicht aus der Welt gelöst. Aus gewerkschaftlicher Sicht gilt es, das Prinzip des „Equal pay“ (gleicher Lohn für gleiche Arbeit) durchzusetzen. Zudem braucht es Massnahmen zur Beschränkung der Temporärarbeit.
Neuerdings werden vermehrt auch administrative Arbeiten in andere Firmen oder Firmenteile ausgelagert. Die neuen Kommunikationstechnologien erlauben es, diese Tätigkeiten sogar ins Ausland – z.B. nach Osteuropa – auszulagern. So dürften beispielsweise die beiden Grossbanken je mehrere Tausend Arbeitsplätze verschoben haben. Das führt zu gewissen einem Druck auf die Arbeitsbedingungen der heute noch in der Schweiz angestellten Personen. Aus gewerkschaftlicher Sicht ist die Problemstellung hier anspruchsvoll. Umso wichtiger ist es, dass die Gesamtarbeitsverträge auch im administrativen Bereich gestärkt werden. Während es für die Banken einen GAV gibt, sind die Arbeitsplätze beispielsweise in den Versicherungen durch keinen GAV geschützt.
Bis heute konnten die potenziell negativen Lohneffekte der Auslagerungen zu einem beträchtlichen Teil durch Gesamtarbeitsverträge mit guten Mindestlöhnen aufgefangen werden. Dieser Schluss lässt sich indirekt auch aus einer interessanten KOF-Studie (Siegenthaler/Stucki) ableiten. Die gegenwärtigen Entwicklungen verlangen jedoch neue Offensiven.
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