Erstmals seit Menschengedenken höhere Erwerbslosenquote in der Schweiz als in Deutschland
Die heute vom BFS publizierten Erwerbslosenquoten werden wahrscheinlich kaum beachtet. Vor 25 Jahren hätten sie hingegen wohl zu einer mittleren Staatskrise geführt. Denn erstmals seit Menschengedenken ist die Erwerbslosenquote in der Schweiz höher als diejenige Deutschlands. Die heute vom BFS veröffentlichten Septemberzahlen weisen einewerbslosenquote von 4.9 Prozent aus. Gegenüber dem Vorjahr ist sie um 0.1 Prozentpunkte gestiegen. Demgegenüber ist die Erwerbslosenquote in Deutschland innert Jahresfrist von 4.9 auf 4.3 Prozent gesunken.Die Schweiz ist zusammen mit Frankreich und Finnland das einzige Land in Europa mit steigener Arbeitslosigkeit.
Für etwas ältere Jahrgänge geschieht damit etwas, was noch bis vor relativ kurzer Zeit als völlig unmöglich betrachtet worden wäre. In den 1980er Jahren war die Schweiz das Land, welches bei der Arbeitslosenquote eine Null vor dem Komma hatte. Deutschland hingegen litt wie Frankreich etc. unter Arbeitslosenquoten im Bereich von bis zu 10 Prozent.
Hinter dieser Entwicklung stehen verschiedene Faktoren. Erstens die extreme Frankenaufwertung seit Ausbruch der Finanzkrise von über 1.60 Fr./Euro auf unter 1.10 Fr./Euro, welche insbesondere in der Exportwirtschaft schmerzhafte Wunden hinterlassen hat. In der deutschen Maschinenindustrie beispielsweise ist die Beschäftigung seit 2007 um rund 15 Prozent gewachsen. In der Schweiz ist sie um über 10 Prozent gesunken. Zweitens die Transformation des Finanzsektors (generelle Schrumpfung, (Teil-)Abschaffung des Bankgeheimnisses, welche zahlreiche Stellen gekostet hat. Drittens – quantitativ sehr bedeutend – die Verschlechterungen bei der sozialen Sicherheit in der Schweiz (höheres Frauenrentenalter, grosse Einschränkungen bei den IV-Neurenten, höhere Pensionskassenrentenalter), die dazu geführt haben, dass viel mehr Menschen auf Stellensuche sind als früher.
Es ist höchste Zeit, dass nun geldpolitisch das Steuer herumgerissen wird. Beim Ausstieg aus dem Mindestkurs ging die SNB davon aus, dass sich der Franken relativ rasch abwerten wird. Dieses Szenario hat sich nicht bewahrheitet. Nun braucht es verbindliche Massnahmen gegen die Frankenüberbewertung. Sogar aus der Redaktion der Anlegerzeitung „Finanz und Wirtschaft“ wird neu auf die positiven Erfahrungen Tschechiens mit dem Mindestkurs hingewiesen. Es muss klar sein, welche Ziele eine Zentralbank mit welchen Instrumenten verfolgt. Dann wirkt die Geldpolitik.
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