Morgen Samstag findet ein Kongress zum bedingten Grundeinkommen  statt, der eine gewisse mediale Beachtung gefunden hat. Interessant sind  die am Kongress auftretenden Personen (Götz Werner, Gründer  dm-Drogerien; Klaus Wellershoff u.a.). Bereits diese Namen lassen  vermuten, dass das Grundeinkommen sozialpolitisch eine fragwürdige Sache  ist.
Die Initianten denken über ein Grundeinkommen  von 2500 Fr./Mt. für Erwachsene und 1000 Fr./Mt. für Kinder nach. Das  ist wenig. Damit das Einkommen zum Leben reicht, braucht eine  Einzelperson brutto rund 4000
 Fr./Mt. Mit den Grundeinkommen von 2500 Fr./Mt. für eine erwachsene Person ist niemandem geholfen. Im Gegenteil: Mit 2500 Fr. ist man arm. Dazu kommt, dass es vielen bedürftigen Personen mit diesem Grundeinkommen schlechter ginge als heute. Eine 80-jährige, verwitwete Frau müsste plötzlich  Arbeit suchen, um über die Runden zu kommen. Personen, die einen Unfall  gehabt haben und nicht mehr erwerbstätig sein können, wären plötzlich unter der Armutsschwelle etc.
Umgekehrt käme es die Gesellschaft teuer zu stehen, wenn sie jedem 2500 Fr./Mt. geben müsste. Dieser Vorschlag der Initianten käme auf rund 200  Mrd. Fr. zu stehen. Das entspricht der Hälfte aller Haushaltseinkommen  in der Schweiz insgesamt (knapp 400 Mrd. Fr.). Wenn sich an diesem  Haushaltseinkommen nichts ändert, müsste daher für die Finanzierung des Grundeinkommens allein (ohne weitere Staatsausgaben) ein Steuersatz von 50% erhoben werden, wobei dann auf  dem Grundeinkommen noch Steuern bezahlt werden müssten. Ist das  Grundeinkommen von der Steuer ausgenommen, wäre der Steuersatz sogar  100 Prozent! Die Haushalte müssten jeden Franken Verdienst darüber  hinaus gleich abliefern. Solche Steuersätze haben Wirkung. Die  Schwarzarbeit würde explosionsartig zunehmen, was das Steuersubstrat  weiter aushöhlen wird. Es ist mit einer riesigen Schattenwirtschaft zu  rechnen. Nur schon deshalb wäre das Grundeinkommen zum Scheitern  verurteilt.
 
Weil das Grundeinkommen von  2500 Fr./Mt. nicht zum Leben reicht, werden fast alle Erwerbstätigen  auch in Zukunft erwerbstätig sein müssen. Dazu kommen AHV-RentnerInnen,  die ebenfalls auf Jobsuche sen werde. Das wird das zu einem Druck auf  die Löhne führen. Denn die Konkurrenz unter den Stellensuchenden auf dem Arbeitsmarkt wird dazu führen, dass
 die Differenz zwischen ihrem Lebensbedarf und dem Grundeinkommen schlechter entlöhnt wird. Man wird weiterhin 40h pro Woche arbeiten müssen, aber  zu einem weit schlechteren Lohn. Das zeigte sich beim natürlichen  Experiment des Grundeinkommens – dem
 Speenhamland-System in England Ende des 18. Jh. Die öffentliche Hand zahlte den armen Landarbeitern einen Betrag, der sich am Brotpreis orientierte. Der Effekt war, dass in der Folge die Löhne sanken, so dass die Betroffenen trotz Grundeinkommen dennoch nicht mehr zum Leben hatten.
Damit  ist auch erklärt, warum auf dem Kongress zum Grundeinkommen Leute  auftreten, die nicht sozial denken. Sie träumen von tieferen Löhne und  dennoch verfügbaren Arbeitskräften. Dass sich Götz Werner, Gründer der  deutschen Drogeriekette dm, für ein Grundeinkommen aber gegen  Mindestlöhne ausspricht, illustriert das. Träumen tun sie deshalb, weil  die Sache ökonomisch zum Scheitern verurteilt ist.
Die richtige  Lösung - sowohl sozial- wie beschäftigungspolitisch - sind Mindestlöhne.  Und gute Sozialwerke, die Leistungen erbringen, von denen die  Betroffenen gut leben können.