OECD Studie: Schweiz bei der Revision des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung auf dem Holzweg
Anfang Oktober hat sich die WAK des Nationalrates mit Detail der Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes befasst. In den Beratungen ist leider das herausgekommen, was erwartet werden musste. Der Leistungsabbau, der vom Ständerat beschlossen wurde, wurde nochmals verschärft. Neu sollen auch unter 30jährige Personen ohne Betreuungspflichten weniger Taggelder erhalten. Wer weniger als 25 Jahre alt ist, hat innerhalb von zwei Jahren nur noch Anspruch auf maximal 120 Taggelder und muss erst noch jede Arbeit annehmen (Link). Zudem hat die Kommission die Möglichkeit aus dem Gesetz gekippt, in der Krise die Zahl der Taggelder Hätten die Nationalrätinnen und Nationalräte auf die in Sachen Arbeitsmarkt aus bürgerlicher Sicht völlig unverdächtige OECD gehört, wären sie zu anderen Schlussfolgerungen gekommen. Der Mitte September 2009 erschienene Employment Outlook (Link) enthält relevante Erkenntnisse.
- Arbeitslosigkeit
prägt die individuellen Erwerbsbiografien. Wer arbeitslos war, hat später ein
höheres Arbeitslosigkeitsrisiko und schlechtere Verdienstaussichten, z.B. weil
Qualifikationen verloren gehen oder weil Arbeitslosigkeit von den Arbeitgebern
in Lebensläufen als Malus interpretiert wird. Jüngeren Betroffene unter 23
Jahren leiden besonders darunter. Arbeitslosigkeit führt bei ihnen zu
quasi-permanente „Narben“ in Form von geringeren Chancen in ihrer
Erwerbslaufbahn (S. 58). Der Abbau
bei den Leistungen für jüngere Personen verstärkt dieses Problem noch, indem
diese statt besonders z.B. in Form von Beschäftigungs- oder
Weiterbildungsmassnahmen betreut zu werden, noch rascher in die Sozialhilfe
abgedrängt werden und somit beruflich weitgehend aufgeben werden. - Arbeitsmarktliche
Massnahmen wirken unterschiedlich, je nachdem wie hoch die Arbeitslosigkeit
ist. Massnahmen, die auf rasche Integration abzielen, wirken besser, wenn viele
offene Stellen vorhanden sind, verlieren aber an Wirksamkeit wenn die
Stellensituation schlecht ist. Umgekehrt sind Bildungsmassnahmen in Phasen mit
wenigen offenen Stellen effektiver als dann, wenn die Jobaussichten gut sind
(S. 57). „The lock-in effect of placing jobseekers in training and
public-sector job-creation programmes is of less concern in a recession when
there are relatively few job vacancies relative to the number of jobseekers. As
a result, the opportunity cost of human capital investments is lower in a
recession“ (S. 88). - Die
Leistungen der Schweizer Arbeitslosenversicherung sind im internationalen
Vergleich höchstens durchschnittlich. Insbesondere was die Bezugsdauer
betrifft, hinkt die Schweiz hinterher. Das wirkt sich auf die Grösse der
automatischen Stabilisatoren aus. Gemäss den OECD-Berechnungen ist diese in der
Schweiz im internationalen Vergleich unterdurchschnittlich. (S. 30). Der Verzicht darauf, in der Krise die Zahl der Taggelder um 120 Tage zu verlängern, schwächt die Stabilisierungsfunktion der ALV noch weiter.
Gemäss den Schlussfolgerungen der OECD müsste der Nationalrat die ALV besser auf die Krisen ausrichten. Das bedeutet, die Beibehaltung oder sogar der Ausbau einer in der Krise flexiblen Erhöhung des Leistungsumfangs plus auch die Möglichkeit, in der Krise mehr Weiterbildungsmöglichkeiten anzubieten. Unter den Sparmassnahmen bei den jüngeren Betroffenen werden nicht nur die Betroffenen leiden, sondern es werden längerfristig auch wirtschaftlich negative Effekte resultieren, indem die Gefahr steigt, immer wieder arbeitslos zu werden.
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