Wegen Flexibilisierung der Arbeit tiefer in die Krise
Flexibilisierung der Produktion war ab den 1990er Jahren ein Imperativ in der Unternehmensführung. Ziel war es, die Kosten rasch der Absatzsituation anpassen zu können, sei es durch Auslagerungen der Produktion oder durch flexible und befristete Arbeitsverträge. In Europa hat sich beispielsweise der Anteil der befristet Angestellten an der Gesamtbeschäftigung seit Anfang der 1980er Jahre mehr als verdoppelt (Link).
Von diesen Handlungsspielräumen machen die Firmen in der Krise nun Gebrauch. Viele Verträge von Temporärarbeitenden werden aufgelöst oder nicht mehr verlängert. Die Zahl der Arbeitslosen, die vorher temporär gearbeitet haben, ist in der Schweiz innerhalb eines Jahres um rund 5000 Personen oder um knapp 40 Prozent angestiegen (Link).
Auf den ersten Blick könnte man glauben, dass die Firmen ihre Überlebenschancen in der Krise erhöhen, wenn sie schnell die Kosten senken können. Doch was aus der Sicht der einzelnen Firma zu funktionieren scheint, wird gesamtwirtschaftlich zu einem Problem. Je schneller die einzelnen Firmen mit Kostensenkungen auf Auftragseinbrüche reagieren können, desto mehr schwanken die Auftragseingänge bei den anderen Firmen. Denn jeder Arbeitsvertrag, der nicht verlängert wird, führt zu mehr Arbeitslosigkeit und somit zu weniger Kaufkraft. Wer arbeitslos wird, verdient weniger und kann weniger konsumieren. Und weniger Konsum bedeutet weniger Aufträge für die Firmen insgesamt.
Die Flexibilisierung der Arbeit ist eine Art keynesches Paradox. Keynes hat darauf hingewiesen, dass das, was für die Einzelnen wirtschaftlich optimal ist, zum Beispiel Sparen in der Krise, für die gesamte Volkswirtschaft negativ sein kann - wenn mehr gespart wird, wird weniger verkauft. Der Absatz und die Einkommen sinken. Ähnlich verhält es sich, wenn die Möglichkeiten der Unternehmen, in der Krise die Kosten senken zu können ausgeschöpft werden.
Die negativen Effekte könnten durch Arbeitslosenversicherungen mit guten Leistungen wenigstens teilweise kompensiert werden ("Flexicurity"). Doch hier ging der Trend in den letzten Jahren in die andere Richtung. Die Leistungen für Arbeitslose wurden abgebaut (Link). Die sozialpolitische Kommission des Ständerates berät ab morgen Montag (6. April) die Revision des Schweizer Arbeitslosenversicherungsgesetzes. Der Bundesrat schlägt diverse Leistungskürzungen vor. Folgt ihm der Ständerat, wird auch die Schweizer Wirtschaft weniger krisenresistent.
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