Steuererhöhungen in Italien? Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen
Mit Italien ist seit etwas über einem Jahr auch ein G7-Land im Kreis der Staaten, die deutlich höhere Zinsen für ihre Staatsanleihen bezahlen müssen. Italien liegt punkto Zinsbelastung von vielen Marktteilnehmern im Obligationenmarkt kritisch betrachtet. Der Zinsaufschlag, den Italien bezahlen muss, liegt mittlerweile leicht über demjenigen von Spanien (Link, Folie 7). Die Regierung hat in den letzten Wochen mehrere Vorschläge zur Verbesserung des Staatshaushaltes gemacht, die sie jedoch - kaum gemacht - auch wieder zurückgezogen hat. Ein grosser Teil dieser Vorschläge enthielt Steuererhöhungen - u.a. für die Einkommen über 90'000 Euro.
Gegen diese Steuererhöhungen laufen nicht nur Betroffene, sondern paradoxerweise auch Ökonomen Sturm. So z.B. der Harvard-Professor Alesina, worüber regelmässig in der internationalen Presse berichtet wird. Alesina fiel in den 1990er Jahren mit Studien auf, die besagten, dass staatliche Haushaltsanierungen expansive Wirkungen haben könnnen (expansionary consolidations). Allerdings nur bei Ausgabenkürzungen, nicht aber bei Steuererhöhungen. Die Begründung: Die Privathaushalte würden heute mehr konsumieren, wenn sie sähen, dass sie morgen die Defizite nicht über höhere Steuern beseitigen müssen.
Empirisch wurden die Studien von Alesina (bzw. Perotti) nicht bestätigt - ausser von den Autoren selber. Schätzungen der OECD (s. z.B. Link) oder andere Übersichten über die Auswirkungen vonfinanzpolitischen Massnahmen zeigen: Ausgabenkürzungen haben negative Effekte auf das BIP - weil Nachfrage fehlt. Die Auswirkungen von Steuererhöhungen sind ebenfalls negativ - allerdings weniger stark, weil vor allem höhere Einkommen betroffen sind, die die höhere Steuerbelastung kompensieren könnnen, indem sie weniger sparen und nicht, indem sie weniger konsumieren.
Das Argument, dass die Steuerbelastung in Italien bereits heute sehr hoch sei, verfängt nicht. In den nordischen Ländern, aber auch in den Benelux-Staaaten zahlen hohe Einkommen mehr Steuern (Link).
Nachtrag: Mittlerweile krebst auch der Co-Autor von Alesina - Perotti - zurück. In einem Working paper für die BIZ analysiert er verschiedene Beispiele der Sparpolitik und kommt wenigstens indirekt zum Schluss, dass es in der gegenwärtigen Situation keine expansiv wirkenden staatlichen Sparmassnahmen geben kann.
- 0 Kommentare Kommentar(e)
Mein Kommentar
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.


