Gefährliche Wechselkurspielereien der Nationalbank
Seit einigen Monaten wird die Konjunkturberichterstattung durch verhalten positive Nachrichten dominiert. In der Schweiz sah beispielsweise der Bund beim Aussenhandel "Licht am Ende des Tunnels" (Link). Wer die Exportdaten genauer anschaut, muss allerdings leer schlucken. Nachdem die Exporte seit dem Höhepunkt im Jahr 2008 um rund 20 Prozent gefallen sind, stagnieren sie nun weitgehend (Veränderung gegenüber Vormonat, saisonbereinigt).
Fakt in Bezug auf die Konjunktur ist nach wie vor, dass
- das BIP in der EU nach wie vor deutlich, um 4.2 Prozent unter dem Niveau von 2008 liegt. Nur schon um das Niveau von vor der Krise zu erreichen, wären Wachstumsraten von 5 Prozent und mehr notwendig,
- das in den letzten Monaten beobachtete Wachstum (gegenüber dem Vorquartal) im Wesentlichen auf ein Ende des Lagerabbaus bei den Firmen sowie auf die Konjunkturpakte zurück zu führen ist,
- die Unternehmen unter Überkapazitäten leiden wie nie seit den 1970er Jahren, als beispielsweise die Uhrenindustrie in einer grossen Krise steckte,
- die Firmen (v.a. in Deutschland) versucht haben, ihr Personal über einen Abbau der Überzeit- und Ferienguthaben sowie über Kurzarbeit zu halten, doch mittlerweile ein beträchtlicher Teil der Überzeit abgebaut ist, so dass vermehrt Arbeitslosigkeit droht.
Dass das BIP in zahlreichen Ländern wieder auf tiefem Niveau wächst, ist kein Wunder, wenn man schaut, wie stark die Staatsdefizite teilweise gestiegen sind . Das hat für Mehrnachfrage gesorgt. Doch sollten die Staaten nun einen Sparkurs einzuschlagen beginnen, werden diese Nachfrageimpulse fehlen. Dass die Unternehmensinvestitionen und der Privatkonsum anstelle dessen stark zu wachsen beginnen, ist in Anbetracht der Überkapazitäten und der hohen Arbeitslosigkeit momentan wenig plausibel.
Die Delegierten für regionale Wirtschaftskontakte der Nationalbank haben dieses Bild in ihrem jüngsten Bericht weitgehend bestätigt (Link). Die Firmen werden in nächster Zeit kaum neues Personal einstellen. Im Gegenteil - liest man zwischen den Zeilen - ist im kommenden Jahr mit Massenentlassungen zu rechnen.
In dieser Situation sind die jüngsten Experimente der Nationalbank am Devisenmarkt nicht verständlich. Bereits in der Lagebeurteilung vom 10. Dezember hat die SNB angekündigt, nur noch bei einer "übermässigen Aufwertung" des Frankens gegenüber dem Euro zu intervenieren (Link). Das war geradezu eine Einladung an die Spekulanten, den neuen Spielraum zu testen. Der Franken hat sich seither von 1.51 auf phasenweise unter 1.49 aufgewertet. Und das, obwohl sich der Franken bereits in den letzten zwei Jahren gegenüber den wichtigsten Währungen deutlich zugelegt hat (handelswichtet sein Mitte 2007 um fast 15 Prozent!). Diese Experimente der Nationalbank sind ein weiteres Risiko für die Schweizer Exportwirtschaft. Ihr Nutzen: null. Darum müssen sie sofort beendet werden.
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