Starker BIP-Rückgang - schwache Reaktion der Beschäftigung, warum?
In den letzten Quartalen ist das BIP in vielen Ländern regelrecht eingebrochen. In Deutschland lag das BIP im 2. Quartal 2009 7.1 Prozent unter dem Vorjahresniveau. In der Schweiz ist der Rückgang mit 2 Prozent ebenfalls stark, aber nicht so extrem wie in Deutschland - sofern die BIP-Schätzungen des Seco stimmen. Die Zahl der Beschäftigten blieb dagegen vergleichsweise stabil. In Deutschland resultierte ein Rückgang von 0.1 Prozent (Erwerbstätige), in der Schweiz nahm sie sogar noch um 0.1 Prozent zu (gemessen in Vollzeitäquivalenten).
Dass die Beschäftigung nicht stärker auf den Einbruch der Wertschöpfung reagierte, ist zu einem grossen Teil eine Folge davon, dass die Beschäftigten weniger Stunden arbeiten. In Deutschland ging das stundenmässige Arbeitsvolumen um 4.8 Prozent zurück (Link). Das, weil das 2. Quartal 2009 erstens weniger Arbeitstage hatte als dasjenige im 2008, zweitens indem die betroffenen Firmen Kurzarbeit eingeführt haben und drittens, indem Überstunden- und Ferienguthaben abgebaut wurden. Dass der Produktionseinbruch nicht voll auf die Beschäftigung durchgeschlagen hat, ist die Folge einer deutlichen Arbeitszeitverkürzung.
Diese Resultate strafen diejenigen Lügen, die behauptet haben, die Kurzarbeit sei als Stabilisator nicht wirksam. Ökonomisch betrachtet, liegt die Wirksamkeit der Kurzarbeit auf der Hand. Eine Studie von Forschern aus den Unis Bern und Zürich zeigt, dass die Einstellungskosten für qualifiziertes Personal zwischen 12'000 und 23'000 Franken betragen. Im Durchschnitt sind das 3 Monatslöhne (Link). In Zeiten guter Konjunktur ist die Personalrekrutierung sogar noch aufwändiger. Solange die Unternehmen davon ausgehen, dass die Krise vorübergehend ist, werden sie in Anbetracht der hohen Rekrutierungskosten mit Entlassungen zurückhaltend sein und möglichst einen grossen Teil des Arbeitsausfalls über Kurzarbeit oder über die Kompensation von Überstunden oder Ferien, solange noch vorhanden, aufzufangen versuchen. Erst wenn der Eindruck entsteht, dass die Überkapazitäten strukturell sind oder die Unternehmen zum Schluss kommen, dass die Kosten von Kurzarbeit höher sind als die Einstellungskosten und die Kosten eines Sozialplans, werden sie Entlassungen durchzusetzen versuchen.
In Anbetracht des starken BIP-Rückgangs und der stark unterausgelasteten Kapazitäten ist zu befürchten, dass in den kommenden Monaten der Druck auf die Beschäftigten zunehmen wird und die Unternehmen vermehrt Entlassungen durchzusetzen versuchen. Für die Schweizer Konjunktur- und Arbeitsmarktpolitik steht die Prüfung deshalb erst noch bevor.
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