Ursachen der Jugendarbeitslosigkeit in Spanien - und die Lehren für die Schweiz
Sehr hohe Jugendarbeitslosenquoten waren in Spanien während Krisenzeiten immer wieder zu beobachten. Mit der Quote von über 50 Prozent wird nun allerdings ein historischer Höchststand erreicht. Eine Studie des Spanischen Ökonometrikers Dolado zusammen mit anderen Forschern versucht, den Ursachen auf den Grund zu gehen (OECD Working Paper).
Die – auch unabhängig von der Krise – relativ hohe Jugendarbeitslosigkeit hat stark damit zu tun, dass viele Jugendliche zwischen Job und Arbeitslosigkeit hin und her pendeln. Die Verweildauer sowohl im Job als auch in der Arbeitslosigkeit kann relativ kurz sein. Das Problem ist, dass viele junge Erwerbstätige mehrere befristete Stellen nacheinander haben, bis sie eine Dauerstelle finden.
Das hängt stark mit dem spanischen Bildungssystem zusammen. Im Gegensatz zu anderen Ländern gehen die Jugendlichen mehrheitlich zur Schule und haben keinen Praxisbezug (S. 11). Eine Berufslehre ist beispielsweise in Spanien nicht vorgesehen. Das erschwert den Übergang von der Ausbildung ins Berufsleben stark. Gleichzeitig hat Spanien einen hohen Anteil an Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die ihre Schulausbildung erfolglos abbrechen. In einem Land, in welchem die Schulausbildung einen hohen Stellenwert hat, ist das für die Betroffenen besonders schlecht. Diejenigen, welche die Schule abschliessen, sind regelmässig „überqualifiziert“ für ihre Tätigkeiten. Was Spanien bräuchte, wäre ein praxisnahes System der Ausbildung – beispielsweise ein System der Berufslehre.
Unter den weiteren Erklärungen, welche die Forscher liefern, ist ein Element besonders erwähnenswert. Für junge Erwachsene ist es in Spanien besonders schwierig, eine bezahlbare Mietwohnung zu finden (S. 49). Das schränkt die Mobilität der Arbeitnehmenden stark ein. Selbst wenn man anderswo eine Stelle hätte, könnte man diese nicht antreten, weil die Wohnung fehlt. Das System der Mietzinszuschüsse, welches zwischen 2008 und 2011 in Kraft war, hat dieses Problem gelindert. Die Sparpakete haben das rückgängig gemacht.
Für die Wirtschaftspolitik gibt das Papier interessante Anhaltspunkte. Damit das Land vorankommt, wären neben Konjunkturstimulierungsmassnahmen Investitionen in die Bildung und die Mobilität (bezahlbare Mietwohnungen) notwendig. Insbesondere bräuchte das Land ein praxisnahes Bildungssystem. Die momentan alles dominierende Sparlogik hemmt leider diesen Umbau des Bildungssystems.
Für die Schweiz wäre folgendes zu lernen. Erstens - etwas banal – dass das Berufsbildungssystem für die Arbeitnehmenden grundsätzlich eine gute Sache ist. Und zweitens, dass die penetranten Forderungen des Hauseigentümerverbandes nach Steuersenkungen für Hauseigentümer endlich aufhören müssen. Hohe Wohneigentumsquoten sind aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht erstrebenswert. Was die Schweiz braucht, sind mehr bezahlbare Mietwohnungen. Hier soll sich auch der Bund wieder engagieren.


