Obwohl in der Schweiz unter Experten, Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern Einigkeit herrscht, dass die Nationalbank die  Frankenstärke durch die Einführung und Verteidigung einer Untergrenze  bekämpfen muss, verfolgt die Nationalbank zurzeit eine andere Strategie.  Wie bereits vergangene Woche hat sie heute eine Ausweitung der  Frankenliquidität über höhere Guthaben der Geschäftsbanken bei der SNB  an. Dahinter steckt offenbar die Auffassung, dass die Frankenstärke über  eine Ausweitung der Geldmenge bekämpft werden kann. Diese Strategie  erinnert an die monetaristischen Gehversuche der SNB nach dem  Zusammenbruch des Bretton-Woods-Systems.
Die Strategie hat vor  allem zwei Schwächen. Erstens: Selbst wenn die Ausweitung der  Frankenliquidität (Franken-Geldmenge) zu einer Abwertung des Frankens  führt, ist unklar, wann diese Abwertung kommt. Denn  spekulationsgetriebene Aufwertungsbewegungen können diese  Liquiditätswirkungen übersteuern. Zweitens: Die SNB hat in der  Vergangenheit nicht nur deshalb von einer geldmengenorientierten  Geldpolitik Abstand genommen, weil die Wirkungszusammenhänge träge und  instabil waren, sondern weil die Geldmenge selber unabhängig von der  Steuerung der SNB ist. Ein grosser Teil der Geldmenge wird nicht von der  SNB geschaffen, sondern von den Geschäftsbanken - indem sie z.B.  Kundeneinlagen wieder ausleihen. Dazu kommt der bargeldlose  Zahlungsverkehr, der zu starken Schwankungen in der Liquidität führt.  Die SNB kann daher die Frankenliquidität nur schlecht steuern. Eine  geldmengenorientierte Geldpolitik ist deshalb ineffektiv.
Die von  der SNB 1978 erstmals explizit eingeführte Wechselkursuntergrenze  gegenüber der D-Mark war keine monetaristische Massnahme. Sondern ein  klares Signal an die Märkte, dass das Zusammenspiel von Angebot und  Nachfrage auf dem Devisenmarkt zu unerwünschten bzw. falschen  Ergebnissen führt. Die SNB hat in der Folge den Devisenmärkten immer  wieder mit deutlich sichtbarer oder zumindest drohender Hand gezeigt, in  welchen Bandbreiten sie den Frankenkurs noch als angemessen betrachtet.  Damit war sie über weite Strecken erfolgreich. Diese Strategie wurde in  den letzten Jahren nicht mehr konsequent verfolgt (Bekämpfung einer  "übermässigen Aufwertung", nicht aber eines zu starken Frankens). Der  Franken geriet ausser Kontrolle.
Positiv - und nicht  monetaristisch - ist die jüngste Kommunikation der Nationalbank. So  sagte T. Jordan in der Weltwoche nicht nur, dass der Franken  überbewertet ist, sondern auch, wie stark die Überbewertung ist. Das ist  völlig neu: "Es sind Fakten. Wir haben einen Franken-Wechselkurs, der  heute extrem ist. Die Indizes weisen einen gegenüber dem langfristigen Durchschnitt rund zwanzig Prozent überbewerteten Franken aus. Wenn man die Preise handelbarer Güter vergleicht, die man in der Schweiz und in anderen Ländern kaufen kann, beobachten wir Unterschiede, die ökonomisch nicht zu rechtfertigen sind. Wir haben in diesem Sinne beim Franken Wechselkurse gegenüber anderen Währungen, die tatsächlich absurd sind".
Jordan  suggeriert eine faire Bewertung bei 1.35 bis 1.40 Fr. Gegenüber  Deutschland ist dieser Wert allerdings relativ tief. Hier weisen die  SNB-Statistiken auf einen fairen Kurs von 1.50 Fr./Euro hin (realer  Wechselkursindex über lange Zeit bei 100 = 1.5 Fr./Euro, Link).  Deutschland ist der relevante Handelspartner der Schweiz und die  deutschen Firmen sind es auch, die am stärksten mit den Schweizer Firmen  in Konkurrenz stehen.