Prekäre Temporärarbeit boomt - auch wegen der Personenfreizügigkeit
In letzter Zeit verkündet die Schweizer Temporärbranche Monat für Monat sehr hohe Wachstumsraten. Im November 2010 resultierte ein Anstieg gegenüber November 2009 von 25 Prozent (Link). Über das ganze Jahr 2010 dürfte die Zahl der Temporärarbeitenden um mehr als 15 Prozent gestiegen sein. Auf Vollzeitstellen umgerechnet arbeiteten 2009 rund 57'000 Personen temporär. Dieser Anstieg um 15 Prozent entspricht einer Zunahme von über 9000 Temporärarbeitenden. Die gesamte Beschäftigung ist derweil um 30'000 (Vollzeitäquivalente) gestiegen. Das heisst, dass die Temporären ein Drittel dieses Anstiegs ausmachen, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung rund 2 Prozent beträgt. In der Industrie dürften sogar die Dauerstellen auf Kosten von Temporärjobs abgenommen haben, wie in einem früheren Blogeintrag bereits aufgezeigt wurde.
Die Temporärbranche hat im Rahmen der Personenfreizügigkeit enorme Erleichterungen erhalten. Früher durfte sie nur Daueraufenthalter an Firmen verleihen. Heute kann sie auch Kurzaufenthalter und Grenzgänger aus der EU verleihen. Diese neuen Möglichkeiten werden intensiv genutzt. Im November hat die Temporärbeschäftigung von Kurzaufenthaltern um 50 Prozent zugenommen (meldepflichtige Kurzaufenthalter). Aufs Jahr hochgerechnet entspricht das rund 2500 Vollzeitbeschäftigten. Dazu kommt eine starke Zunahme bei den Grenzgängern, die temporär arbeiten. Weil Temporäre oft für Hilfsarbeiten eingesetzt werden, ist es denn auch kein Wunder, dass der Anteil der "Hilfsarbeitskräfte" am gesamten Grenzgängerbestand von rund 12 bei Einführung der Personenfreizügigkeit auf heute 17 Prozent angestiegen ist (Link). Das ganz im Gegensatz zur offiziellen Doktrin, dass die Personenfreizügigkeit zu einer Zuwanderung von höher Qualifizierten führt.
Temporärjobs sind bei einem grossen Teil der Arbeitnehmenden unbeliebt, weil sie unsicher sind. Die Tendenz zur vermehrten Temporärarbeit ist deshalb sehr beunruhigend. Bei Lohnkontrollen fliegen zudem viele Temporärbüros auf, die sich nicht an die üblichen Arbeitsbedingungen halten und Gewinne auf Kosten der Temporärbeschäftigten machen.
Was es braucht, ist ein allgemeinverbindlicher Gesamtarbeitsvertrag und scharfe Kontrollen. Kommt das nicht zustande, muss der Verleih von Kurzaufenthaltern und Grenzgängern verboten werden.
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