Stabilisierung der Konjunktur durch soziale Sicherheit
In der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre gab es nur ein minimalstes
soziales, staatliches Sicherheitsnetz. Die Krise führte daher nicht nur
zu riesigen sozialen Problemen, sondern sie konnte erst durch das
Fehlen der sozialen Sicherung überhaupt so schlimm werden. Weil z.B.
kaum Arbeitslosenversicherungen bestanden, hatten Arbeitslose
unmittelbar nach dem Verlust der Stelle kein Einkommen mehr.
Dementsprechend mussten sie ihre Ausgaben massiv einschränken, was die
Krise verstärkte.
Seither haben die meisten Ländern umfangreiche soziale
Sicherungssysteme eingeführt. Diese stabilisieren die Konjunktur in
hohem Mass. In verschiedenen Studien finden sich Schätzungen dieser
Stabilisierungseffekte (Link OECD, Link Economic Policy).
Die grösste stabilisierende Wirkung haben die
Arbeitslosenversicherungen. Bei einem Anteil der Einnahmen oder
Ausgaben in OECD-Ländern von durchschnittlich knapp 1.5 Prozent des BIP
haben sie einen fünffachen stabilisierenden Effekt (Annahme einer
Nachfrageelastizität von eins). Wenn das BIP um 1 Prozent zurückgeht,
geben die Arbeitslosenversicherungen einen positiven, gegenläufigen
Impuls von rund 0.05 BIP-Prozenten . Ebenfalls positiv, wenn auch etwas
weniger ausgeprägt, sind die Wirkungen der arbeitsmarktlichen
Massnahmen (etwas mehr als zweifacher Effekt) und Massnahmen für
Familien (1.5-facher Effekt), wobei die Bedeutung dieser sozialen
Einrichtungen gemessen am BIP-Anteil geringer ist als die
Arbeitslosenversicherung. Sehr wichtig zur Konjunkturstabilisierung ist
überdies die Altersvorsorge. Das in erster Linie wegen ihrem grossen
Anteil am BIP (durchschnittlich 6.8 Prozent). Wie die
Arbeitslosenversicherungen gibt auch die Altersvorsorge bei einem
BIP-Rückgang von 1 Prozent ein positiver Gegenimpuls von 0.05
Prozentpunkten.
Die im Vergleich zu den 1930er Jahren durch die ausgebaute soziale
Sicherheit verbesserte Ausgangslage lässt sich anhand der Schätzungen
einigermassen quantifizieren. Alle Sozialversicherungen zusammen geben
im Schnitt einen gegenläufigen, stabilsierenden Impuls von rund 0.15.
Der Wert ist in Ländern mit besserer sozialer Sicherung deutlich höher
- in Finnland z.B. rund 0.3 und in Schweden sogar mehr als 0.4. Dazu
kommen im Vergleich zu den 1930er Jahren höhere konjunkturunabhängige
Staatsausgaben sowie eine viel besser auf Konjunkturschwankungen
reagierende Geldpolitik.
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