Kontingente: Löcherig wie Emmentaler, schlecht für die Arbeitnehmenden
Migrationskontingente - alle reden davon. Wenige haben eine Ahnung. Dabei hat die Schweiz viel Erfahrung damit; vor allem negative. Nicht nur vor Einführung der Personenfreizügigkeit hatte die Schweiz ein Kontingentssystem, sondern auch während der Personenfreizügigkeit, wenn die Zahl der Bewilligungen in Übergangsbestimmungen oder über „Ventilklauseln“ begrenzt war.
Kontingentssysteme werden von Arbeitgebern systematisch umgangen. Entweder über ein Ausweichen in Bewilligungskategorien, die nicht beschränkt sind oder über Schwarzarbeit. Die Folgen: Die Zahl der Arbeitskräfte aus dem Ausland geht nicht zurück, doch die Aufenthalts- und Arbeitsbedingungen werden prekärer. Deshalb sind die Gewerkschaften gegen Kontingentssysteme.
Im April 2012 hat der Bundesrat beispielsweise beschlossen, die Zahl der Daueraufenthalte (B-Bewilligungen) von EU-8-Staatsangehörigen zu beschränken (bis Mai 2014). In der Folge wichen die Schweizer Arbeitgeber auf Kuraufenthalter oder Grenzgänger aus. Die Zahl der Kurzaufenthalter stieg um rund 50 Prozent (Link, S. 7). Neu wurden Arbeitskräfte als Grenzgänger gemeldet. Heute sind rund 500 Grenzgänger (!) aus Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei in der Schweiz tätig (s. Grenzgängerstatistik).
Zur Entwicklung der Schwarzarbeit sind leider kaum statistische Informationen verfügbar. Gespräche zeigen aber, dass die Schweizer Arbeitgeber im „alten“ Kontingentssystem mit Saisonniers teilweise folgendermassen umgingen: „Die Saison-Bewilligung endete normalerweise im Dezember und hat im April des Folgejahres jeweils wieder begonnen. Dies bedeutete aber nicht, dass die Saisonniers für diese 4 Monate das Land verliessen. Arbeit gab es genug: Also reisten die Saisonniers für einen kurzen Ferienaufenthalt nach Hause und kamen dann als Tourist wenige Tage später wieder zurück um dann bis im April schwarz zu arbeiten. In der Zeit zwischen den Saison-Bewilligungen wurde systematisch schwarz gearbeitet, ohne AHV-Beiträge etc. zu bezahlen. Die Arbeitnehmer haben diese Spiel mitmachen müssen, weil sie sonst keine neue Saison-Bewilligung erhalten hätten. Allen war klar, dass der Saisonnierstatut eine Farce war und nur der Ausbeutung diente.“
Solche Entwicklungen wären auch bei der Ecopop-Initiative zu beobachten. Sie würde die Arbeitgeber geradezu einladen, Grenzgänger und Kurzaufenthalter zu beschäftigen. Denn sie regelt nur die Zuwanderung der ständigen Wohnbevölkerung (Daueraufenthalter, Niedergelassene). Man kann somit davon ausgehen, dass bei einer Annahme der Initiative eine sehr starke Verschiebung in die Kategorien Kurzaufenthalter und Grenzgänger stattfinden würde. Auch die so genannte „Umsetzung“ der Masseneinwanderungs-Initiative über Kontingente hätte solche Folgen. Kontingentssysteme sich löcherig wie Emmentaler.
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