BIP-Schätzung des Bundes für das 3. Quartal geht nicht recht auf
Die heutige Schätzung für das BIP-Wachstum im 3. Quartal 2010 ist auf den ersten Blick beeindruckend: 3 Prozent Wachstum gegenüber dem Vorjahr und auch gegenüber dem Vorquartal eine Zunahme von 0.7 Prozent.
Doch der Blick ins Detail wirft Fragen auf. Zuerst eine kleine Erklärung zur BIP-Messung.
Das BIP wird auf 3 Arten ausgewiesen: Die Verwendungsseite (Konsum, Investitionen, Exporte etc.), die Produktionsseite (Summe der Branchenwertschöpfungen) und die Einkommensseite (Löhne, Kapitaleinkommen).
Gemessen wird die Produktionsseite (Schätzung der Wertschöpfung in den Einzelbranchen und Addition zum BIP) sowie die Verwendungsseite (Schätzung der Verwendungskomponenten Konsum, Investitionen, Exporte und Importe). Gibt es Differenzen zwischen den Schätzungen der Produktions- und Verwendungsseite, geht die Produktionsseite vor. Die Differenz zwischen dem BIP gemäss Produktionsseite und dem BIP gemäss Verwendungsseite heisst "statistische Differenz". Diese wird aber nicht separat ausgewiesen, sondern wird zusammen mit den Lagerinvestitionen publiziert ("Change in private inventories"). S. dazu die Excel-Tabellen des Seco (Link).
Doch nun zu den Zahlen. Zuerst die Verwendungsseite: Die Exporte sinken - wie das in Anbetracht des starken Frankens wenig überrascht. Was vor allem zum Wachstum beigetragen hat, sind die Lagerinvestitionen (Change in private inventories). Ohne diese wäre das BIP im 3. Quartal nicht um 0.7 Prozent gestiegen (geg. Vorquartal), sondern es hätte um 1 Prozent abgenommen. Ein Lageranstieg im 3. Quartal mag plausibel sein - die Firmen dürften den starken Franken so genutzt haben. Doch das Ausmass scheint übertrieben. Offenbar liegt eine grössere Differenz zur Produktionsseite vor.
Auf der Produktionsseite fällt ein starkes Wachstum im den Branchen "Immobilien, Informatik" auf (+7% geg. Vorjahr). Ein Teil davon mag in den Temporärbüros angefallen sein. Gleichzeitig ist die Industrie stark gewachsen, obwohl die Exporte leicht sinken. Und auch der Handel hat ein relativ starkes Wachstum. Die Frage ist, wie plausibel das ist.
Die Wachstumsrate für das 3. Quartal ist daher mit einer gewissen Vorsicht aufzunehmen. Bis die BIP-Zahlen definitiv sind, dauert es noch zwei, drei Jahre, da neue Quellen zur Verfeinerung der Schätzung hinzukommen. Dann kann sich noch eine Abwärtsrevision ergeben.
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