Was heisst "Preisstabilität"?
Gemäss Artikel 5 des Nationalbankgesetzes muss die SNB Preisstabilität gewährleisten und die Konjunktur berücksichtigen. Doch Preisstabilität heisst nicht nur, Inflation zu verhindern. Sondern es muss auch der umgekehrte Fall - eine Deflation - verhindert werden. Im November sanken die Konsumentenpreise um 0.5 Prozent. Die SNB erwartet für 2012 einen Rückgang der Konsumentenpreise von 0.3 Prozent - wobei sie mit einer Abwertung des Frankens rechnet. Ohne Frankenabwertung wäre der Preisrückgang noch ausgeprägter.
In den späten 1990er Jahren gab es weltweit eine Diskussion darüber, ob die Konsumentenpreise die Teuerung richtig messen. Diese begann in den USA mit dem so genannten "Boskin"-Report. Weil beispielsweise Qualitätsverbesserungen (Sortimentsänderungen u.a.) in den Preisindices nicht vollständig oder unmittelbar abgebildet werden, neigen die Konsumentenpreisindices dazu, die Teuerung eher zu überschätzen.
Der Schweizer Boskin-Report von Prof. Schips et al. kam zum Schluss, dass das auch in der Schweiz der Fall sei. Der Konsumentenpreisindex wurde in der Folge neu konzipiert, wobei die Teuerung nach wie vor überzeichnet wird. In der Botschaft zum Nationalbankgesetz steht deshalb: "Aus heutiger Sicht herrscht in der Schweiz Preisstabilität, wenn die jährliche Teuerung 1 Prozent pro Jahr beträgt" (S. 85). Um eine gewisse Schwankungsbreite zuzulassen, wurde ein Band zwischen 0 und 2 Prozent als mit der Preisstabilität vereinbar definiert.
Mit der gegenwärtigen und der bevorstehenden negativen Preisentwicklung herrscht in der Schweiz somit mit Sicherheit keine Preisstabilität mehr. Gleichzeitig steigt die Arbeitslosigkeit. Die Konjunktur verschlechtert sich. Streng nach Gesetz ist somit der SNB-Auftrag nicht mehr erfüllt.
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