Dumping mit Grenzgängern: Früher war es sicher nicht besser – aber jetzt schaut die Schweiz hin
Mit der Debatte über die SVP-Initiative „Gegen die Masseneinwanderung“ wird auch das Problem des Dumpings mit Grenzgängern diskutiert. Das ist grundsätzlich gut. Denn in zahlreichen Grenzregionen gibt es viele Schweizer Arbeitgeber, welche Gewinne machen, indem sie ihrem ausländischen Personal zu tiefe Löhne zahlen. Namentlich im Tessin gibt es besonders schlimme Fälle mit Löhnen von deutlich unter 3000 Franken. Diesen Lohndrückern unter den Schweizer Arbeitgebern muss endlich das Handwerk gelegt werden.
Die ausländerfeindliche Kampagne der SVP stellt alles auf den Kopf und will ein ausländerfeindliches Kontingentsregime mit Schweizervorrang einführen. „Früher“ – unter dem Kontingentsregime – sei alles besser gewesen, schreibt sie. Das ist Unsinn:
Erstens hat ein Teil der Schweizer Arbeitgeber auch unter dem Kontingentsregime die Löhne gedrückt. Im Gesetz waren zwar vorgängige Lohnüberprüfungen vorgeschrieben. Doch an wenigen Orten wurde das wirklich ernst genommen. Heute wird dank den Flankierenden Massnahmen kontrolliert. In Branchen mit GAV-Mindestlöhnen erhalten die Dumping-Arbeitgeber eine Busse. Die Statistiken sprechen leider eine deutliche Sprache. Während der mittlere Lohn der GrenzgängerInnen zwischen 2004 und 2010 im Vergleich zu den SchweizerInnen sogar leicht gestiegen ist, hat sich der Abstand zu den SchweizerInnen zwischen 1998 und 2002/2004 nicht verkleinert bzw. sogar leicht vergrössert (Quelle: Graf/Müller). Dumping war unter dem Kontingentsregime eine Realität. Weil die Löhne aber nicht wie heute kontrolliert wurden, fiel das weit weniger auf.
Löhne GrenzgängerInnen im Vergleich zu SchweizerInnen (Median)

Zweitens ist das alte Kontingentsregime nicht dem SVP-Vorschlag vergleichbar. Denn „früher“ erhielten die Schweizer Arbeitgeber ihre Kontingente erst, wenn sie im Inland keine Arbeitskräfte fanden - egal ob mit oder ohne Schweizer Pass. Der SVP-Vorschlag will hingegen bereits Kontingente freigeben, wenn die Arbeitgeber keine Arbeitskräfte mit Schweizer Pass mehr finden. Das ist beispielsweise im Gastgewerbe (wegen den tiefen Löhnen) immer der Fall. Die Kontingente für Tieflohnbranchen wären daher unbegrenzt. Zusätzlich wären die Flankierenden Massnahmen gefährdet – spätestens dann, wenn das Freizügigkeitsabkommen fallen würde. Das hiesse dann: Unbegrenzte Kontingente ohne Lohnkontrollen. Dem Arbeitgeber-Dumping wären Tür und Tor geöffnet.
Aus Arbeitnehmersicht ist die SVP-Initiative eine üble Sache. Deshalb braucht es am 9. Februar ein klares Nein. Dumping lässt sich nur mit Lohnkontrollen, allgemeinverbindlichen GAV-Mindestlöhnen und scharfen Bussen bekämpfen - wie es die Flankierenden Massnahmen vorsehen. Die vom SGB aufgezeigten Lücken müssen geschlossen werden. Wer sich Sorgen macht, dass die Infrastruktur mit der Bevölkerungsentwicklung nicht Schritt hält, kann am selben Datum auch dieses Problem angehen. Indem er Ja stimmt zur FABI-Vorlage.
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