Mindestlohn in Deutschland: Von negativen Beschäftigungseffekten keine Spur
Ein Gastblog von Daniel Kopp:
Seit Anfang Jahr hat Deutschland einen Mindestlohn von 8.50 Euro/Stunde. Dies ist im internationalen Vergleich ein eher hoher Mindestlohn. Gemäss Angaben der Bundesregierung betrifft er aktuell ca. 10 Prozent aller abhängig Beschäftigten. Zum Vergleich: Der in der Schweiz abgelehnte Mindestlohn von 22 Fr. pro Stunde hätte knapp 9 Prozent der Beschäftigten betroffen.
Vor Einführung des Mindestlohnes haben Arbeitgeber und unternehmensfreundliche Wirtschaftsinstitute gewarnt, der Mindestlohn würde zum massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen führen. Das ifo-Institut prognostizierte z.B. einen Verlust von 900‘000 Stellen. Besonnenere Ökonomen mahnten jedoch bereits damals zur Ruhe. Und sie scheinen Recht zu bekommen. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist im Januar und Februar 2015 saisonbereinigt um über 100‘000 Personen gestiegen (Bundesagentur für Arbeit). Die harmonisierte Arbeitslosenquote ist weiter gesunken, von 4.8 Prozent im Dezember 2014 auf 4.7 Prozent im März 2015 (Eurostat). Auch die harmonisierte Arbeitslosenquote der 15 bis 24 Jährigen – die Altersgruppe, die am stärksten von Mindestlöhnen betroffen sein sollte - ist zwischen Dezember 2014 und März 2015 gesunken. Interessant ist zudem, dass die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland stärker zurückgegangen ist als im Westen. Dies ist deshalb bedeutsam, weil in Ostdeutschland auf Grund des tieferen Lohnniveaus besonders starke negative Effekte des Mindestlohnes vorausgesagt worden waren. Die Bundesagentur für Arbeit hält daher in ihrem Monatsbericht im April fest: „Belastende Auswirkungen der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes auf die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sind nicht zu erkennen“. Lediglich die Anzahl geringfügig Beschäftigter („Minijober“) ging in den vergangenen Monaten zurück. Im Februar wurden 137‘000 weniger Minijober registriert als ein Jahr zuvor. Nach dem Weihnachtsgeschäft ist ein Rückgang zwar normal, dieser ist jedoch stärker als in der Vergangenheit und dürfte auch auf den Mindestlohn zurückzuführen sein, da viele Minijobs schlecht entlohnt werden. Der Abbau bei den schlecht entlohnten Minijobs ist jedoch eher positiv zu sehen, zumal die Arbeitslosigkeit dadurch offensichtlich nicht gestiegen ist. Möglicherweise sind gar einige Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse umgewandelt worden, was aus fiskalischer Perspektive wünschenswert wäre. Die Arbeitgeber hatten bisher offensichtlich genug Spielraum bei der Lohn- und Preisfestsetzung um die höheren (Mindest)Löhne zu absorbieren. Teilweise mussten sie wohl ihre Marge etwas reduzieren, teilweise wurden die höheren Löhne auf die Preise umgelegt. So sind moderate Preissteigerungen bei Taxifahrten, in Bäckereien oder in Hotels und Gaststätten zu verzeichnen.
Zwar ist es nach 4 Monaten noch zu früh um definitive Schlüsse zu den Auswirkungen des Mindestlohnes zu ziehen, da dessen Effekt schwer von der guten Konjunkturentwicklung zu separieren ist. Doch angesichts der schrillen Warnungen vor massenhaften Stellenverlusten im Vorfeld der Einführung ist es bemerkenswert, dass der Mindestlohn bisher nicht mal die kleinste Delle im Arbeitsmarkt hinterlassen hat. Eine interne Befragung der Bundesagentur für Arbeit zeigt ausserdem, dass ein Großteil der Arbeitsagenturen davon ausgeht, dass der Mindestlohn auch in Zukunft keine negativen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt haben wird. Selbst die Mindestlohnkritiker mussten dies einsehen und sind dazu übergangenen, statt vermeintlicher Beschäftigungsverluste die mit dem Mindestlohn einhergehende Kontrolle der Arbeitszeit zu kritisieren.
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28. Dezember 2015
Einmal mehr bremsen
Einmal mehr bremsen die Politiker in diseem Land den Fortschritt und sind anscheinend nicht in der Lage mal etwas Neues zu probieren. Die Erfahrungen der anderen Le4nder sind doch fcberwiegend positiv, warum gibt man dem Mindestlohn nicht eine Chance?