Falsche AHV-Berechnungen: Zum Glück ist die UBS nicht für die AHV zuständig
Die UBS hat heute über ihren Ökonomen im Sonntagsblick unwidersprochen über 3 Seiten Panik zur AHV verbreiten können. Der Artikel ist etwas verworren. Vieles ist widersprüchlich, oder nicht eindeutig (einmal ist von den AHV-Finanzen die Rede, einmal vom Verhältnis der Aktiven zu den RentnerInnen, was überhaupt nicht dasselbe ist). So oder so: Die Zeitung hätte besser noch andere Meinungen zu Wort kommen lassen. Dann hätte sie gesehen, dass sich die UBS entweder bös verrechnet hat oder ein völlig falsches AHV-Modell hat. Das lässt sich einfach zeigen.
Der Bund kommt in seinen nicht gerade optimistischen AHV-Szenarien zum Schluss, dass die AHV ab 2030 2.6 zusätzliche Beitragsprozente braucht. Der SGB, der ein relativ vorsichtiges Modell hat, kommt auf 2 Beitragsprozente (ab 2030 – keine Änderung bis 2040). Im Vergleich zu den heute 8.4 Prozent sind das somit rund ein Viertel zusätzliche Beitragsprozente (2 dividiert durch 8.4). Die Erwerbsbevölkerung gemäss den offiziellen Bevölkerungsszenarien beträgt dann rund 4.5 Mio. Personen. Die Gesamtbevölkerung rund 9 Mio. Personen.
Anstelle der Beiträge könnte auch die Erwerbsbevölkerung steigen. Damit die AHV-Finanzen ausgeglichen sind, müsste sie somit um ein Viertel zunehmen. Das wären dann knapp 6 Mio. Personen. Die Gesamtbevölkerung würde dann von 9 auf etwas über 10 Mio. steigen. Die UBS spricht hingegen von 17 Mio. Sie hat sich somit um weit über 50 Prozent verrechnet. Es ist nicht das erste Mal, dass die Grossbank grössere Rechnungsfehler macht. Zum Glück ist sie nicht auch noch für die AHV zuständig.
Das grosse Problem ist, dass viele Beschäftigte heute Mühe haben, bis zum offiziellen Rentenalter 64 oder 65 eine sichere, einigermassen gut bezahlte Stelle zu haben. Wer im Bankensektor über 50 Jahre alt ist und eine Stelle sucht, hat Mühe. Es ist absurd, aber mit 50 Jahren oder mehr gilt man bei den Banken bereits als „älterer“ Arbeitnehmer. Ich habe fleissige Leute getroffen, die zwischen 50 und 55 von der UBS entlassen wurden und nie mehr eine Stelle fanden. Teilweise geht es ihnen so schlecht, dass sie Psychopharmaka nehmen müssen und in der IV-Abklärung sind. Wenn nur schon die Arbeitsplätze bis 64/65 sicherer wären, ginge es nicht nur den Betroffenen, sondern auch der AHV besser.
Ein anderes Problem sind die Altersrenten für tiefe und mittlere Einkommen. Weil die AHV-Renten nur zur Hälfte an die Löhne angepasst werden, geraten sie gegenüber den Löhnen immer mehr in Rückstand. Seit dem Jahr 2000 beträgt der Rückstand zu den Durchschnittslöhnen rund 10 Prozent. Um das zu korrigieren, schlägt der SGB einen Zuschlag (AHVplus) vor.
Prognosen über die nächsten 20, 30 Jahre sind sehr unsicher. Mit ihnen sollte man heute keine Politik machen. Die möglichen Fehler sind zu gross. Ökonomisch gesehen kann aber sagen: Wenn die demografische Alterung stärker werden sollte, gibt es Anpassungen durch die „Marktkräfte“. Erstens sind die Personen im Erwerbsalter dann gesuchter. Ihre Löhne werden steigen. Wenn die Arbeitskräfte gesuchter sind, werden die Unternehmen auch besser zu ihnen schauen. Die Gesundheitsvorsorge und die Weiterbildung können sich verbessern. Zudem werden die Unternehmen mehr investieren, um weniger teurere Arbeitskräfte zu brauchen. Das erhöht die Produktivität. Für die Arbeitnehmer wird es unter diesen Bedingungen attraktiver, länger zu arbeiten. Die „Marktkräfte“ werden somit zur Folge haben, dass die Beschäftigten über ihren höheren Lohn mehr AHV zahlen können. Gleichzeitig können die Arbeitslosigkeit und die berufsbedingte Invalidität sinken. Das bedeutet dann Mehreinnahmen für die AHV und Minderausgaben für die ALV und die IV. Das sind aber nur ökonomische Tendenzen. Denn obwohl die Schweiz seit den 1950er Jahren eine demografische Alterung hat, ist die Arbeitslosigkeit und Invalidität in den letzten Jahrzehnten gestiegen.
Schliesslich: Selbst wenn man in 20, 30 Jahren 2 zusätzliche Beitragsprozente in die AHV einzahlen müsste, wäre das im historischen Vergleich nichts Aussergewöhliches. Das zeigt sich u.a. daran, dass die ALV-Beiträge in den 1990er Jahren von 0.4 auf phasenweise 3 Prozent gestiegen sind. Die Öffentlichkeit hat das weitgehend vergessen. Und: Weil die Einkommen in den kommenden Jahrzehnten wegen der höheren Produktivität steigen sollten, werden die Menschen in Zukunft auch dann ein weit höheres Nettoeinkommen haben als heute, wenn die AHV-Beiträge etwas höher sind.
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11. November 2012
SGB hat immer richtig gerechnet
In Sachen AHV hat der SGB in der Vergangenheit im richtig gerechnet, im Gegensatz zu den politisch gesteuerten pessimistischen "Rechnungen" der AHVfeindlichen Wirtschaftsverbände, die der AHV Milliardendefizite andichteten wie jetzt wieder die UBS. Das lässt sich anhand der Zahlen der letzten 15 Jahre überprüfen. Die Gewerkschaften lagen auch bei der Personenfreizügigkeit richtig und haben so die Schweizer Löhne geschützt. Rückwärtsgewandte Fremdenfeindlichkeit führt ins Abseits.
Die Analysen von Daniel Lampart sind einmal mehr sehr genau und zeigen, dass Probleme nicht bejammert werden sollten, sondern zuversichtlich angepackt werden müssen.
05. November 2012
Falsche AHV Berechnung?
Stellt sich die Frage, wer sich verrechnet hat?! Die Banken bauen tausende von Stellen ab, weil wir jetzt auf geheiss der SP und EWS eine "Weissgeldstrategie" verfolgen müssen. Arbeitnehmer habe es nicht erst mit über 50 schwer wieder eine Stelle zu finden. Dank der Personenfreizügikeit ist es schon früher viel schwieriger bis unmöglich! Die PFZ verdanken wir der SP, der Gewerkschaften und den Arbeitgebern, die sich günstige Arbeitskräfte aus ganz Europa holen. Wobei holen müssen Sie ja nicht mehr, die kommen von alleine... Das ganze System ist krank und wird früher oder später(2 bis 10 Jahre) kollabieren. Dann wird die AHV auch unser geringsten Problem sein.