Bericht des Bundesrates: Kein brauchbares drittes Konjunkturpaket in Sicht
Wer 1 und 1 zusammenzählen kann, sieht bereits heute, dass das dritte Konjunkturprogramm des Bundes nicht viel mehr enthalten wird als ein paar wenig wirksame Massnahmen mit denen die besorgte Bevölkerung ruhig gestellt werden soll.
Der heute vom Bundesrat publizierte Bericht zur „Wirtschaftslage in
der Schweiz und Stabilisierungsmassnahmen“ (Link) spricht sich klar gegen
Investitionsprogramme aus, obwohl Kantone und Gemeinden bereits Sparmassnahmen
planen, die auf Kosten der Investitionen gehen und die Rezession verstärken
werden.
Der Bericht spricht zwar davon, dass die Bevölkerung aufgrund von
verschiedenen staatlichen Massnahmen Kaufkraft verlieren wird und dass
Massnahmen dagegen erforderlich sein werden. Der schlimmste Kaufkraftverlust
(rund 3 Mrd. Fr.) ergibt sich aus den höheren Krankenkassenprämien – und darauf
hat der Bundesrat die Antwort bereits heute gegeben: Eine mickrige Linderung
des Problems im Umfang von 200 Mio. Fr. Demgegenüber sollen die hohen
Einkommen, die eine hohe Sparneigung haben, über die
Familienbesteuerungsrevision konjunkturell kaum wirksame 650 Mio. Fr. erhalten.
Fazit: Obwohl der Staat 2010 eine rezessionsverstärkende Politik
(Sparmassnahmen bei Kantonen und Gemeinden plus Prämienexplosion bei den
Krankenkassen) betreibt, die rund 50'000 Arbeitsplätze kosten wird, ist er
nicht bereit, Massnahmen dagegen zu ergreifen.
Doch weil ihm dabei mulmig zumute ist, macht der Bundesrat im
Bericht irreführende Behauptungen und rechnet falsch.
In der Übersichtstabelle auf S. 21 sind alle möglichen wirksamen und
unwirksamen konjunkturellen Impulse aufgeführt und aufaddiert. 2009 sollen sie
1.38 Prozent des BIP ausmachen, 2010 0.82 Prozent – in beiden Jahren zusammen
hingegen 2.20 Prozent! Im Zähler werden Massnahmen aus 2 Jahren addiert und
durch das BIP eines Jahres dividiert. Wenn das nicht absichtlich geschehen ist,
damit die Stabilisierungsmassnahmen des Bundes voluminöser ausschauen, muss man an der ökonomischen Basiskompetenz der Verwaltung zweifeln.
Die Schuldenbremse wird neuerdings als automatischer Stabilisator
bezeichnet (S. 15). Das ist falsch. Indem die Schuldenbremse versucht, die
konjunkturellen Einnahmenschwankungen bei der Budgetierung zu berücksichtigen,
wird verhindert, dass die Konjunktur zusätzlich destabilisiert wird. Wäre die
Schuldenbremse so konstruiert, dass auch in Rezessionen der Bundeshaushalt
ausgeglichen sein müsste, müssten die Steuern in der Rezession erhöht, oder die
Ausgaben gekürzt werden. Die Schuldenbremse wäre dann ein Destabilisator. Die
heutige Konstruktion führt im Idealfall dazu, dass die Schuldenbremse
konjunkturneutral ist. In Wirklichkeit aber wirkt sie sogar
konjunkturverstärkend (s. den entsprechenden Eintrag im Blog dazu).
Geradezu absurd sind die Aussagen zur Revision der
Familienbesteuerung. Der Bericht hält sie für „nicht zielführend“ (S. 37) –
u.a. weil sie zu spät wirken würde. Selbst bei Inkraftsetzung im Jahre 2010
werden die Haushalte (mit hohen Einkommen und somit hoher Sparneigung)
frühestens 2011 davon profitieren. In der Übersichtstabelle auf S. 21 ist sie
jedoch bereits im Jahr 2010 als mit 650 Mio. Fr. konjunkturwirksam aufgeführt.
Dem Bundesrat sollte wieder einmal einen Blick in die Verfassung
werfen. Dort erhält er vom Volk einen klaren Auftrag. Der Bund muss eine
antizyklische Politik betreiben (Art. 100). Davon ist er gegenwärtig sehr weit
entfernt.
- 0 Kommentare Kommentar(e)
Mein Kommentar
Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.


